Das war überraschend. Viele Plätze bleiben frei. Und das im kleinen Haus. Rechts und links die Bestuhlung sogar komplett abgedeckt! Bis heute hatte ich nur »gut besuchte« oder ausverkaufte Vorstellungen mitbekommen. Woran mag das liegen? Ah…, wahrscheinlich die Angst vor’m »den-Beckett-nicht-verstehen-Effekt«. Oder viele sagen sich: »Warten kann ich ja auch woanders…«
Karges Bild: Halbkreis mit Stuhl. Leitern, die ins Nichts führen.
Und auf der bereits beleuchteten Bühne – auch kein Mensch.
Minutenlang. Fängt ja gut an. Beziehungsweise eben nicht.
…
Da wird doch nicht…? Isser denn immer noch nicht angekommen…?
Nein, ER nicht, aber sie: Miriam Goldschmidt nimmt die Bühne in Besitz. Sie will uns heute »Fragmente II« (eigentlich: »Verwaiser«) nahebringen.
Und was bleibt mir zur Darbietung zu sagen? Echt beeindruckend, wie sie das macht. Den Text in der Hand haltend (es ist ja eine Lesung), zieht sie ihren kleinen Kreise auf der Bühne: hier mit einer markanten Geste, da eine angespielte Situation, dort ein prägnanter Gesichtsausdruck. Immer wieder punktgenau untermalt von zarten Musikklängen eines Percussionisten im linken Bühnenvordergrund.
Sie schafft es, dass ich der abstrakten Bilderwelt gut folgen kann, die ewigen Kreisbewegungen menschlichen Handelns – die letztlich ohne wahren, tieferen Sinn bleiben – nachvollziehen kann.
Die beschworenen Bilder könnten auch die eines modernen, kühlen Hieronymus Bosch sein. Reale Absurdität. Das Bühnenbild unterstützt diesen Eindruck durch seine Kargheit. Leitern, die kein Ziel besitzen, uns in die Ungewissheit führen; doch Hauptsache wir können etwas tun, können vermeintlich »zielgerichtet« klettern.
Zwischenzeitlich wird es sogar amüsant, denn Frau Goldschmidt vermag es, dem Vortrag einen ironisch, sarkastischen Unterton zu verleihen.
Da kann man sich doch nur noch an den Kopf fassen.
Eine absolut hochwertiger Vortrag einer wunderbaren Miriam Goldschmidt, den man sich ohne Angst (vor Beckett) sehr gut anschauen kann.
Und Karten gibt’s bestimmt auch noch.